"Nüchtern, neutral, distanziert." Das sind die Adjektive, mit denen sich Kommunikation in Österreichs Unternehmen beschreiben lässt, sagt Marie Osterbauer-Hofer und fragt: "Warum nicht auch ein bisschen Persönlichkeit transportieren?" Es sei absurd, es in der Arbeit nicht zu tun, im Privaten komme es ja mit Erfolg zum Einsatz. Schließlich zeigten Studien die positive Wirkung von Humor, so die Unternehmensberaterin und Führungskräftetrainerin bei ihrem Vortrag im Rahmen des aktuellen HR-Circle. Das Thema: "Führen mit Fun".
"Eigentlich bin ich nämlich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." In Anlehnung an den Schriftsteller Ödön von Horváth rät Osterbauer-Hofer Unternehmen, ihre Maske abzunehmen. Respektive den Führungskräften, denn die müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Mitarbeiter "austoben“ können. Dabei gehe es nicht um das Einfügen von Smileys in die E-Mail-Korrespondenz, sondern darum, Freiräume für Witz und Persönlichkeit zu schaffen. Einfach einen Nährboden für ein fruchtbares Arbeitsklima.
Es profitieren alle davon, ist sie überzeugt, denn Humor sei eine Ressource, ein soziales Bindemittel, das motivierte Mitarbeiter ermöglicht. Im Bemühen der Firmen, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, komme dem Arbeitsklima eine elementare Bedeutung zu, denn: "Es gibt immer Mitbewerber, die besser zahlen." Aufmerksamkeit erregen können Betriebe mit sozialer Kompetenz und mit zufriedenen Mitarbeitern. Was in den USA im Rekrutierungsprozess längst Usus sein, nämlich Führungskräfte auf ihre Humorkompetenz abzuklopfen, stecke in Österreich erst in den Kinderschuhen, erzählt Osterbauer-Hofer. Hier ortet sie noch viel Potenzial.
Kompetenz manifestiere sich nicht darin, über die Sache selbst – etwa ein belastendes Ereignis - zu lachen, sondern die Frage sei viel mehr: "Wie gehe ich damit um?" Humor und Empathie seien kein Widerspruch. Echte Wertschätzung und Respekt gegenüber Mitarbeitern könnten so zum Ausdruck gebracht werden.
Bei Führungskräfte sei das Scheitern ja immanent, "Humor hilft aber beim besser Scheitern", sagt Osterbauer-Hofer - und warnt: "Humor kann fachliche Kompetenz nicht ersetzen, sondern nur verstärken." (red, derStandard.at, 5.3.2013)
Sehr geehrte Frau Mag. Osterbauer-Hofer, Sie sind Trainerin, Coach und dipl. Humorberaterin und bieten bei der ARS ein Seminar zum Thema „Führen mit Fun-Faktor“ an. – Trifft das Thema den Puls der Zeit?
OHO: Ja, denn es braucht mehr Lebensfreude, Spaß und Leichtigkeit in den Unternehmen und gezielte Maßnahmen, die ein positives Lebensgefühl am Arbeitsplatz und v.a. in den Chefetagen fördern.
Ein humorvolles Führungsverständnis ist die Voraussetzung für die Fähigkeit, sich flexibel mit schwierigen Situationen auseinanderzusetzen. Statt sich festgefahren zu fühlen und verbissen an den alten Handlungsmustern festzuhalten, gilt es, durch Humor wieder Zugang zu seinen persönlichen Lösungsressourcen zu bekommen.
Zum eigenen Humor finden hat aber nichts mit oberflächlicher „Spaßgesellschaft“ zu tun oder heißt nicht aufgesetzte Fröhlichkeit zu trainieren, sondern hat das Ziel, den Anforderungen kraftvoll begegnen zu können, Konflikte humorvoll zu entschärfen und Mitarbeiter lachend oder zumindest mit einem Lächeln zu motivieren.
Können Führungskräfte mit Humor den Führungsalltag wirklich besser bewältigen bzw. erzielen Sie so bessere Resultate?
OHO: Gegenfrage: Wer arbeitet schon gut und gerne an einem Ort, wo er nichts zu Lachen hat? Der beste Grund für Humor im Führungsalltag ist wohl die Tatsache, dass er allen Beteiligten gut tut (im Gegensatz zu Zynismus und resignativem Galgenhumor) – und damit wirksam werden muss. Denn unzählige Studien aus der Psychologie, der Medizin, der Motivations- und Gehirnforschung belegen, dass Humor eine Erfolgsstrategie für einen geglückten Lebensentwurf ist: Wo gelacht wird, kann mit Leichtigkeit und Gelassenheit an die Herausforderungen herangegangen werden, Mitarbeiter UND Führungskräfte fühlen sich wohl, sind dadurch leistungsfähiger, erfolgreicher und zufriedener.
Was verändert Humor in Unternehmen?
OHO: Alles! Humor ist eine emotionale Qualität, die in unserem Kulturkreis oft noch völlig unterschätzt wird – Der Dalai Lama sagt: Wenn Leute lachen, sind sie fähig zu denken. In den USA und Japan wird Humor daher längst als emotionale Intelligenzkomponente betrachtet und als eines der wichtigsten Soft Skills gewertet. Großunternehmen in den USA testen in Rekrutierungsgesprächen ihre potentiellen Schlüsselpersonen bewusst auf ihre Humorfähigkeit.
Viel wesentlicher ist aber, dass Humor eine Haltung ist, die nur auf der Basis von Wertschätzung und Respekt entfaltet werden kann, mit dem Ziel der gegenseitigen Unterstützung. Überall, wo sich Menschen in dieser Haltung begegnen ist kreatives, konfliktfreieres Miteinander möglich, gemeinsames Lachen baut akute Anspannungen ab, solidarisiert, schafft Vertrauen und gibt Mitarbeitern dadurch Sicherheit. Mit Humor können Mitarbeiter und Führungskräfte den Weg weg von destruktivem Pflichtgefühl hin zu einer selbstbewussten Leichtigkeit finden, um die Aufgaben der Zukunft ohne "Burn-out" oder innerer Kündigung zu meistern.
Warum ist gerade für Führungskräfte Humor so entscheidend?
OHO: Welche Führungskraft möchte schon gerne als „humorlos“ charakterisiert werden? Führungskräfte, die heikle Situationen humorvoll entschärfen und im Arbeitsalltag humorvoll agieren, genießen eine große Akzeptanz. Aber Führungskräfte haben beim Zeigen ihrer Emotionen oft Angst, ihre Souveränität und den Respekt ihrer Mitarbeiter zu verlieren. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Auch entwicklungsgeschichtlich wird Humor immer als ein Zeichen von Intelligenz interpretiert, Menschen, die sich mit einer humorvollen Aura umgeben, wirken sympathisch! Und eine Führungskraft, die über sich und seine Situation lachen kann, hat wertvolle Vorbildwirkung im Umgang mit Fehlern und Schwächen und bestimmt maßgeblich den Level, auf dem „der Schmäh rennt“: Nämlich dass sich niemand auf Kosten anderer lustig macht, niemand ausgelacht und abgewertet wird und nicht Spott und Zynismus das Arbeitsklima zerstören – hier sind Führungskräfte gefordert, Raum für wertschätzendes, humorvolles Miteinander zu schaffen!
Was sind die klassischen Humortechniken, die eingesetzt werden können?
OHO: Es gibt eine Fülle von Techniken, die für die Entwicklung des persönlichen Humorstiles hilfreich sind. Zum Beispiel sind alle Methoden, die einen Perspektivenwechsel ermöglichen als Humortechniken unverzichtbar, es gibt vielfältige rhetorische Ansätze und allem voran natürlich die Arbeit an der eigenen Einstellung. Überhaupt nicht angesagt ist, im beruflichen Alltag den Clown zu spielen, jederzeit Witze zu erzählen oder lächelnd im Büro zu sitzen, sondern ein eigenes, authentisches Humor-Repertoire zu entwickeln. Humorvoll führen heißt, anderen Menschen auf respektvolle, wertschätzende Weise zu begegnen, Ressourcen zu aktivieren und augenzwinkernd mit den Widrigkeiten des Alltags umzugehen – Tipps und Tricks dafür gibt es genug.
Wie schwer/leicht ist es diese Techniken in die tägliche Führungsarbeit zu integrieren?
OHO: Sich anders als bisher zu verhalten, braucht immer wieder Mut und zusätzliche Energie. Je intensiver man die entkrampfende Wirkung eines humorvollen Lösungsansatzes selbst erlebt hat, desto eher bringt man diese Energie auf und traut sich, Neues auszuprobieren und darauf zu vertrauen, dass sich der gewünschte Erfolg einstellt. Aber aus der Frust-Resignations-Zynismusecke rauszukommen ist angesichts der täglichen Routinen und der komplexen An- und Überforderungen alles andere als leicht. Deswegen ist der bewusste humorvolle Perspektivenwechsel oft anstrengende Arbeit, die alten Verhaltensmuster sind bekannterweise besonders hartnäckig und auch der humorvolle Ansatz hat natürlich seine Grenzen. Aber auch hier gilt es, Gelassenheit zu üben, sich lächelnd einzugestehen, dass man am vielzitierten „lustvollen Scheitern“ auch einmal ganz kläglich scheitern kann und sich dann frohen Mutes auf die humorvolle Bewältigung der nächsten Aufgabe zu konzentrieren.
Das ARS-Seminar „Führen mit Fun-Faktor“ besteht aus 4 Schritten – Ein erster Impulstag mit Inputs und konkreten Humortechniken, dann eine Umsetzungsphase in der täglichen Arbeit, gezieltes Follow-UP am zweiten Impulstag und schließlich der Transferphase in den beruflichen Führungsalltag. Warum wählen Sie dieses aufwändige didaktische Konzept?
OHO: Persönlichkeitsentwicklung ist ein Prozess, der Zeit braucht. Das Thema soll inspirieren und langfristig wirken, nicht von heute auf morgen alles anders zu machen, sondern behutsam den eigenen, ganz persönlichen Humorstil zu entwickeln und in den Führungsalltag einfließen zu lassen. Hier hilft es, Rücksprache halten zu können, nachzufragen und Erfahrungen auszutauschen. Die Kombination von Impulstagen und Umsetzungsphasen garantiert optimale Praxisnähe, festigt Gelerntes und neue Verhaltensmuster und sichert damit den Seminarerfolg. Die Seminarteilnehmer sind in diesem Prozess sehr gefordert, sich mit sich selbst und mit ihrer Wirkung auf ihr Umfeld auseinanderzusetzen – in humorvoller, spielerischer Weise natürlich…
Schließlich geht´s darum, dass die Führungskräfte einfach wieder mehr Spaß am Tun haben und sich auf lustvolles Lernen einlassen.
Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Thema? Warum?
OHO: Als Trainerin und Coach befasse ich mich schon seit über 15 Jahren damit, wie Menschen in ihrem Arbeitsumfeld gut zusammen leben, arbeiten und sich weiterentwickeln können und erlebe immer wieder hautnah mit, was in Unternehmen passiert, wenn plötzlich „Schluss mit lustig“ ist. Um auch in solchen Situationen wieder zu Lösungen zu kommen, habe ich mich immer intensiver mit den Themen Kreativität, Improvisation und schließlich Humor beschäftigt - diese zusätzlichen Komponenten werden von meinen KundInnen als extrem hilfreich erlebt und ich bin längst davon überzeugt, dass persönliches Wachstum und Weiterentwicklung nicht unbedingt schmerzhaft, sondern lust- und freudvoll sein dürfen. Und nicht zuletzt habe ich selbst einen Riesenspaß daran, mich professionell mit diesem Thema zu beschäftigen, ich lerne, lache und scheitere täglich!
Frage zum Abschluss: Ist Humor überhaupt erlernbar?
OHO: Jeder kann seinen ganz persönlichen Humorstil finden, entwickeln und trainieren, man kann an seiner mentalen Einstellung arbeiten und man kann sich ein authentisch-humorvolles Handlungsrepertoire aneignen, das seine Wirkung nicht verfehlen wird. Humor ist aber etwas sehr Persönliches und wie Ludwig Börne sagt: Humor ist keine Gabe des Geistes, es ist eine Gabe des Herzens. Also NUR über den Verstand ist diese Kompetenz nicht zugänglich, sondern das Wesentliche ist die Haltung, der Blick auf´s Positive und das wertschätzende, respektvolle Menschenbild, das dahinter steht.
Magazin Training, 2012
Mag.a Marie Osterbauer-Hofer
Unternehmensberatung
8244 Schäffern
Haberlweg 14
0664 / 185 95 50
https://www.linkedin.com/in/mag-marie-osterbauer-hofer-570865120/